Anleinpflicht und Leinenzwang: Wann muss der Hund an die Leine?
Was ist eine Anleinpflicht oder auch ein Leinenzwang?
Eine Anleinpflicht ist die Pflicht des Hundehalters seinen Hund nur an der Leine zu führen. Eine Anleinpflicht oder auch Leinenzwang kann auch die Behörde als eine Auflage zur Hundehaltung dem Hundebesitzer auferlegen. Eine Anleinpflicht wird regelmässig auferlegt wenn der Hund sich auffällig gezeigt hat z.B. Hund hat gebissen, gejagt oder sogar eine Person geschädigt.

Haben Sie rechtliche Fragen zur Anleinpflicht? Folgend haben wir Ihnen eine Auswahl an Urteilen rund um die Anleinpflicht zusammengestellt.


Anleinpflicht Nicht angeleinte Hunde auf dem Feldweg

Eine Hundezüchterin ging mit ihren sechs nicht angeleinten West-Highland-Terriern auf einem Feldweg spazieren, als der Jagdpächter mit seinem Fahrzeug kam. Er forderte die Frau auf ihre 6 Hunde anzuleinen, damit diese nicht weiter frei stöbern können. Es kam zum Streit zwischen der Hundezüchterin und dem Jagdpächter. Der Jagdpächter wollte dann mit seinem Lader langsam weiterfahren. Die Hunde der Züchterin von dem Streit aufgewühlt umkreisten das Fahrzeug und bellten.In dieser Situation wurde ein Zuchtrüde verletzt. Die Hundezüchterin behauptete, dass der Hund nicht mehr zu Zuchtzwecken eingesetzt werden könne und machte einen Zuchtausfallschaden in Höhe von 39.600 Euro geltend. Das Gericht wies aber ihre Klage ab. Das Gericht kam zudem zu dem Ergebnis, dass sich der Jagdpächter korrekt verhalten hatte. Denn gerade auf verkehrsarmen Feldwegen darf ein Kraftfahrer in der Regel auch dann langsam weiter fahren, wenn sich Hunde in der Nähe seines Fahrzeugs befinden und dieses anbellen. Hier konnte der Lader ohnehin nicht schneller als 20 km/h fahren. Oberlandesgericht Koblenz Az.: 12 U 1156/03

Anleinpflicht für Hunde in Grünanlagen
Eine kommunale Satzungsbestimmung, nach der Hunde in Grünanlagen anzuleinen sind und ein Verstoß gegen dieses Gebot mit einem Bußgeld geahndet werden kann, verstößt nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere ist sie mit dem Grundgesetz vereinbar. Das auf Art. 2 I GG beruhende Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit beinhaltet das Recht des Hundehalters, seinen Hund möglichst ohne staatliche Einschränkungen zu halten und die Grundsätze artgerechter Tierhaltung zu berücksichtigen. Aus demselben Grundrecht (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit) folgt jedoch auch, dass jedermann Anspruch darauf hat, vor Gefahren und Belästigungen, die von frei umherlaufenden - also ohne Leine geführten - Hunden ausgehen, geschützt zu werden. Diese beiden Grundrechte bestehen nebeneinander. Mögliche Interessenkollisionen sind durch staatliche Regelungen, z. B durch einen angeordneten Leinenzwang, zu lösen.Oberlandesgericht Düsseldorf


Leinenzwang: nicht uneingeschränkt


Gleich vier Entscheidungen hatte der Bußgeldsenat des OLG Dresden im Februar zum Thema »Anleinzwang für Hunde« zu treffen. In zwei Fällen ging es um eine entsprechende Polizeiverordnung der Stadt Leipzig, die anderen Verfahren betrafen Regelungen der Städte Zwickau und Plauen. Zugrunde lagen jeweils Rechtsbeschwerden von Hundebesitzern, die wegen Verstoßes gegen die Leinenpflicht zu Bußgeldern bis zu 400 € verurteilt worden waren

Der Bußgeldsenat hat hierzu nun folgendes entschieden:

Eine sächsische Polizeiverordnung, die einen Anleinzwang (Leinenpflicht) für Hunde im Gemeindegebiet vorsieht, verstößt jedenfalls dann gegen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie keinerlei Ausnahmen vom allgemeinen Leinenzwang vorsieht. Zwar bestehen angesichts der von freilaufenden Hunden ausgehenden abstrakten Gefahr keine Bedenken gegen einen ordnungsbehördlich geregelten allgemeinen Anleinzwang (Leinenpflicht). Mit dessen zeitlich und räumlich unbeschränkter Geltung im gesamten Gemeindegebiet würde aber dem Anspruch der Bevölkerung auf Schutz vor Belästigung und Gefahren einseitig zu Lasten der Hundehalter Rechnung getragen. Den insoweit anzulegenden Maßstäben werden die in Leipzig und in Plauen geltenden Polizeiverordnungen gerecht. Sie enthalten jeweils Ausnahmeregelungen, wonach Hunde auf so genannten »Freilaufflächen« vom Leinenzwang (Leinenpflicht) befreit sind. In Leipzig gebe es beispielsweise insgesamt 47 »Hundewiesen« mit einer Gesamtfläche von 16,72 Hektar. Die berechtigten Interessen der Hundebesitzer sind damit ausreichend berücksichtigt.
Dagegen verstößt die Polizeiverordnung der Stadt Zwickau, kraft derer sich das Anleingebot (Leinenpflicht) faktisch auf das gesamte Gemeindegebiet erstreckt, gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das Bestimmtheitsgebot. Sie ist daher insoweit unwirksam, weshalb der Beschwerdeführer im dortigen Verfahren vom Senat freigesprochen wurde.OLG Dresden Beschluss vom 07.02.2007, Ss (Owi) 395/06 (betrifft Zwickau), Beschlüsse vom 07.02.2007, SS (Owi) 188/06 und 301/06 (betreffen Leipzig), Beschluss vom 13.02.2006, SS (Owi) 721/06 (betrifft Plauen) OLG Dresden


Leinenzwang-Verordnung einer Stadt ist unwirksam
Die «Leinenzwang-Verordnung» der Stadt Gifhorn aus dem Jahr 2010 , die ganzjährig in einen Leinenzwang ( Leinenpflicht ) in Wildschon-, Erholungs- und Sportgebiete vorsah , ist unwirksam da sie nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist. Dies hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Niedersachsen auf den Normenkontrollantrag eines Hundesbesitzers aus Gifthorn entschieden. Inhaltlich sei die Verordnung allerdings rechtmässig, führte das Gericht dazu aus. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Nach der verfahrensgegenständlichen Verordnung der Stadt sind Hunde in den ausgewiesenen Wildschon-, Erholungs- und Sportgebieten, ganzjährig an der Leine zu führen ( Leinenpflicht ). Der in Gifhorn wohnhafte Antragsteller hatte dagegen eingewandt, dass der freie Auslauf für seinen Hund nur noch sehr eingeschränkt möglich sei. Es bestehe auch keine hinreichend konkrete Gefahr für das Wild, die eine solche ganzjährige Leinenzwang Verordnung rechtfertigen könnte.Das OVG hat dem Normenkontrollantrag des Hundehalters aus Gifthorn stattgegeben, weil die Verordnung nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist.Das Gericht wies aber daraufhin, dass die Verordnung der Leinenpflicht / Leinenzwang an sich inhaltlich rechtens sei. Insbesondere seien die Voraussetzungen des § 33 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den Wald und die Landschaftsordnung für den Erlass einer solchen Verordnung in Bezug auf Wildschongebiete hier erfüllt. Danach sei lediglich erforderlich, dass Wild oder sonstige wild lebende Tiere auf den Flächen der freien Landschaft, für die der Leinenzwang angeordnet wird, vorhanden ist beziehungsweise sind und die Verordnung dem Schutz der Rückzugsmöglichkeiten des Wildes und der sonstigen wild lebenden Tiere vor Beunruhigung dient. Das Gericht entschied das dies hier der Fall sei.Weitere Voraussetzungen habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Allerdings sei bei dem Erlass der Verordnung auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, so das OVG. Dabei sei der Schutz des Wildes und der sonstigen wild lebenden Tiere gegen das Interesse der Hundehalter, ihren Tieren freien Auslauf zu gewähren, abzuwägen. Hier spreche jedoch Vieles dafür, dass der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht verletzt sei, zumal es im Stadtgebiet von Gifhorn noch genügend Flächen in der freien Landschaft für den Auslauf von Hunden gebe.So entschied das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (4 KN 16/11)




Kein Leinenzwang für jeden Hund
Eine Regelung, wonach ohne Rücksicht auf Art und Größe der Hunderassen für das gesamte Gemeindegebiet ohne zeitliche Ausnahmen ein genereller Leinenzwang besteht, ist unzulässig, weil sie gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot verstößt. Ein Hundehalter aus Lünen muss deshalb zwei gegen ihn durch die Stadt verhängte Bußgelder in Höhe von je 50 Euro nicht bezahlen. Die Richter sprachen ihn frei, weil die Bußgeldbescheide auf einer Verordnung beruhten, die weder nach Art und Größe der Hunde differenziert, noch zu bestimmten Zeiten auf kenntlich gemachten öffentlichen Flächen Ausnahmen vom Leinenzwang zulässt. Dem Leinenzwang zum Schutz der Bevölkerung ist zwar weitgehend Vorrang einzuräumen. Durch eine Verordnung, die überhaupt keine Ausnahmen zulässt, werden die Rechte von Hundehaltern, insbesondere an einer artgerechten Tierhaltung, aber unangemessen eingeschränkt. Oberlandesgericht Hamm



Kein Leinenzwang für einen Hund wegen anonymer Beschwerde
Hundebesitzer müssen keinen Leinenzwang für ihren Hund hinnehmen, nur weil sich ein anonymer Bürger beim Ordnungsamt beschwert hat. Eine anonyme Beschwerde über einen vermeintlich aggressiven Hund ist nicht verwertbar, stellte das Verwaltungsgericht Osnabrück in einem am Donnerstag, 17. November 2011, verkündeten Urteil klar (Az.: 6 A 90/10). Damit darf ein Hundehalter seinen Golden Retriever wieder ohne Leine frei laufenlassen. Zuvor hatte sich beim Landkreis Osnabrück ein Bürger anonym beschwert, der Hund greife Menschen an. Daraufhin wurde ein Leinenzwang angeordnet, sobald sich das Tier „außerhalb ausbruchssicherer Privatgrundstücke“ aufhält. Es bestehe ansonsten eine „konkrete Gefahr für die öffentliche Ordnung“, so der Landkreis. Dem widersprach allerdings das Verwaltungsgericht. Allein auf anonyme Beschwerden hin dürfe eine solche Anordnung nicht getroffen werden. Die Behörde hätte vielmehr den Sachverhalt von Amts wegen aufklären müssen. Dies sei aber nicht geschehen. Aus einem Aktenvermerk über ein Telefonat mit der Ehefrau des Hundehalters gebe es vielmehr Hinweise, dass es sich um ein friedfertiges und umgängliches Tier handele.




Leinenzwang und Freilauffläche
Ordnet eine Gemeinde oder Stadt in ihrer Satzung an, dass alle Hunde im Gemeindegebiet grundsätzlich an der Leine zu führen sind, so ist dieser generelle Leinenzwang unzulässig und unverhältnismäßig. Auch und gerade den Haltern von kleinen und als ungefährlich eingestuften Hunden muss ein gewisser Freiraum verbleiben. Der generelle Leinenzwang ist daher nur dann rechtens, wenn solchen Tieren Flächen zur Verfügung gestellt werden, wo diese frei laufen können. Oberlandesgericht Hamm Az.: 5 Ss Owi 1225/00


Hunde müssen angeleint werden
Ist in der Gefahrenabwehrverordnung einer Gemeinde in Rheinland-Pfalz eine Pflicht zur Anleinpflicht für Hunde auf öffentlichen Straßen innerhalb bebauter Ortslagen geregelt, so muss diese Anleinpflicht von den Hundehaltern und Hundeführern eingehalten werden. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung geht von Hunden eine Gefahr aus (Tiergefahr). Deshalb ist es gerechtfertigt, innerhalb bebauter Ortslagen einen Anleinzwang vorzuschreiben. Für den verständigen, durchschnittlichen Hundehalter ist der räumliche Geltungsbereich einer solchen Regelung ohne weiteres erkennbar. Er muss den Hund dort anleinen, wo gewöhnlich mit dem Erscheinen von Personen und/oder anderer Tiere zu rechnen ist. Das ist regelmäßig dann der Fall, wenn eine nicht nur vereinzelte Bebauung mit Wohnhäusern oder sonstigen Gebäuden besteht. Oberverwaltungsgericht Koblenz Az.: 7 C 10539/06.OVG


Leine und Maulkorb für auffälligen Hund?Gefahrloses Gassigehen muss mit einem Hund möglich sein
Kommt es immer wieder zwischen zwei Hunden auf einem frei zugänglichen öffentlichen Grundstück zu einer Rauferei (hier: Berner Sennenhund und Schäferhund) bei der stets der einer eine Hund sich als aggressiv gegenüber dem anderen Hund verhält ,dann kann dies eine Unterlassungsantrag bei Gericht begründen. Im zum entscheidenden Fall fiel der aggressive Hund erneut grundlos den anderen Hund an und verletzte ihn. Das Gericht verpflichtete nun den Halter des aggressiven Hundes, durch geeignete Maßnahmen es zu verhindern, dass sein Hund den anderen Hund anfällt. Wie der Hundehalter diese gerichtliche Auflage nachkommt , bleibt alleine ihm überlassen. Erfüllt er diese Pflicht nicht, riskiert er ein Zwangsgeld bis zu 25.000 Euro. Landgericht Coburg

Leinenpflicht / Leinenzwang nach Beissvorfall: Hund hat Kaninchen im Kleintierstall tot gebissen

Beißt ein Hund mehrere Kaninchen und Meerschweinchen tot, kann der Hund als „gefährlich“ eingestuft werden (Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes nach einem Beißvorfall). Der Hundehalter ist dann verpflichtet, den Hund immer anzuleinen (Leinenzwang) und ihm einen Maulkorb (Maulkorbzwang) anzulegen. Ein Hund der Rasse „Deutsch Drahthaar“ war in einem Kleintierstall eingedrungen und tötete aufgrund gesteigertem Jagdtrieb mehrere Kleintiere. Der Hundebesitzer rechtfertigte dieses Verhalten seines Hundes damit, dass sein Hund ein guter Jagdhund sei und auch schon mal Katzen und Hasen jagen würde. Die Behörde stufte den Hund als gefährlich ein und verhängte einen Maulkorbzwang und einen Leinenzwang für den Hund. Verwaltungsgericht Düsseldorf (Az.: 18 L 4205/16).
Siehe hierzu: Das Verfahren Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes: Von der Anzeige bis zum Leinen-Maulkorbzwang

Anleinpflicht und Leinenzwang: Wenn der Hund an die Leine zu Führen ist


Anleinpflicht Leinenzwang Hund an der Leine